In was für irren Zeiten wir leben! Das zeigt sich nirgends schöner als in der Mainstream-Presse. Ich zitiere aus dem Newsletter vom 1. Dezember der «Basler Zeitung», die zum grössten Medienkonzern der Schweiz, der TX Group, gehört
«Omikron. Der griechische Buchstabe sorgt für helle Aufregung in der Region Basel. Das liegt allerdings nicht am griechischen Alphabet, sondern an der gleichnamigen Corona-Variante. Drei Fälle sind inzwischen in der Schweiz nachgewiesen, zwei davon in der Region. Damit werden wir zum ersten Omikron-Hotspot des Landes.»
Zwei Fälle auf eine halbe Million Menschen – und die Journalisten der TX Group konstruieren daraus allen Ernstes einen «Hotspot».
Liebe Kollegen: Ja, das ist ein Hotspot. Ein Hotspot der journalistischen Verblödung. Das hirnlose Hyperventilieren wird offenbar zum Industriestandard einer Branche, die sich selbst ins Abseits schreibt.
Solidarität mit Südafrika
Gleichentags titelte der «Tages-Anzeiger», das Mutterschiff der TX Group, auf der Front: «Zwei Omikron-Fälle bestätigt – Bundesrat lanciert Verschärfungen». Das genügt bereits, damit das Karussell aus Schlagzeilen und Massnahmen sich schwindlig dreht.
Die wissenschaftlichen Fakten spielen da längst keine Rolle mehr. Medien und Politik schaukeln sich immer weiter hoch. Der Bundesrat verbietet Flüge von und nach Südafrika, wo Omikron entdeckt worden ist. Und schadet damit einem Land, das auf die Einnahmen aus dem Tourismus angewiesen ist. Viel ist im Zusammenhang mit Corona von «Solidarität» die Rede. Man könnte sich auch einmal die Frage stellen, wie solidarisch es ist, die nicht gerade auf Rosen gebetteten Menschen im südlichen Afrika einer so wichtigen Einkommensquelle zu berauben.
Hauptsache, es wird gehandelt!
Doch zum Fragenstellen und Nachdenken bleibt keine Zeit. Nur wenige Tage später dann die Kehrtwende: Flugverbot aufgehoben, dafür strenges Test- und Quarantäneregime bei Einreise in die Schweiz. Hüst und hott: Der Bundesrat als Getriebener im Maschinenraum der Panikgesellschaft. Ob die sich ständig ändernden und sich häufig widersprechenden Massnahmen verhältnismässig und wirksam sind – who cares? Hauptsache, es wird gehandelt!
Omikron und Hydra
Das kritische Denken setzt, wenn überhaupt, erst mit zeitlicher Verzögerung ein. Nur ist es dann meist schon zu spät, der Schaden angerichtet. Und für jede aufgehobene, weil als sinnlos erkannte Massnahme, folgen zwei, drei neue. Omikron und Hydra. Die alten Griechen wussten es schon immer.
Die Belege für meine Behauptungen liefert erneut die TX-Group. Am 4. Dezember, drei Tage nach der Omikron-Hotspot-Aufregung, stellen die Blätter des Konzerns endlich die Frage, die von Anfang an zu stellen gewesen wäre: Ist Omikron infektiöser? Macht es kränker?
Die Antworten – versteckt auf Seite 40 – lauten wie folgt: «Das ist derzeit ungewiss» (Frage 1) und «Auch diese Frage kann man im Moment nicht gut beantworten» (Frage 2).
Das sagt eigentlich alles. Kommentar überflüssig.
Dr. Philipp Gut schreibt auf dem Online-Verbund von Portal24 jede Woche eine Kolumne, die auf den 17 dem Verbund angeschlossenen Portalen jeden Sonntagmorgen publiziert wird. Philipp Gut ist Geschäftsführer des Referendumskomitees «Staatsmedien Nein», Buchautor, Verleger der «Umwelt Zeitung» und einer der profiliertesten Journalisten der Schweiz. Mit seiner Kommunikationsagentur Gut Communications GmbH berät er Parteien, Verbände, Unternehmen und Privatpersonen.
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